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aus dem Schwarzwälder Boten vom 17.7.2001
Kantorei
wagt sich an Höchstschwierigkeiten
Klangprächtiger Auftritt in der Stadtkirche und in
Walddorf / Hervorragendes Bläserquartett
Nagold. Zu einer festlichen Musik für Chor und Blechbläserquartett
hat die Evangelische Kantorei Nagold in die Stadtkirche eingeladen. Das
Programm bot in der Hauptsache alte Musik, war aber mit einer Jazz-Motette
und Spirituals etwas an die modernen Musikstile herangeführt worden.
Bezirkskantor Stefan Skobowsky stellte mit diesem Konzert (das am Samstag
in Walddorf zu hören war) auch das Reiseprogramm vor, mit dem seine
Kantorei in zwei Wochen eine mehrtägige Chorreise in das Wallis unternehmen
will.
Von Johann Pachelbel (1653-1706), dem berühmten Nürnberger Organisten,
war eingangs die von Bläsern unterstützte Motette "Singet
dem Herrn" für achtstimmigen Doppelchor zu hören.
Es ist für den Hörer immer wieder eindrücklich mitzuerleben,
wie souverän diese alten Meister acht Stimmen zu einem prächtigen
Klanggemälde zusammenfügen.
Ähnlich klangprächtig bot die Kantorei eine Kantate mit dem
gleichen Titel für Chor und Bläserquartett von J. Ph. Krieger
(1649-1725), die von Stefan Skobowsky für diese Besetzung bearbeitet
wurde. Auch bei den durch Bläser bereicherten Sätzen über
"Singet dem Herrn" aus dem Becker-Psalter von Heinrich Schütz
(1585-1672) zeigte Skobowsky mit der Bearbeitung eine geschickte Hand.
Einen gewichtigen Schwerpunkt des Abends bildete Claudio Monteverdi (1567-1643),
der ganz große Komponist des Frühbarock aus Cremona. Von ihm
war zunächst die 6-stimmige a-capella Kantate "Cantate domino"
zu hören. Dann gaben Stefan Skobowsky und die Kantorei mit zwei Motetten
aus der Marienvesper von 1610 für Chor und Bläser -"Ave
maris stella" (8-stimmig) und "Lauda Jerusalem" (7-stimmig)
- einen Einblick in die laufenden Probenarbeiten für die Aufführung
dieser Vesper im Dezember.
Diese vielschichtige, von Klängen geradezu überquellende Musik
mit ihrer tief bewegenden Harmonik und ihrer kunstvollen Verflechtung
der Stimmen gehört mit zum Schönsten, was in der Musik hervorgebracht
wurde. Dass die Kantorei sich an solche Höchstschwierigkeiten wagt,
zeigt Mut und Können.
Wie sie jetzt bei der Interpretation dieser Monteverdi-Teilstücke
bewies, hat sie auch einen erheblichen Fundus an musikalischen Fähigkeiten
und klanglichem Spürsinn, um solche Musikwerke der höchsten
Schwierigkeitsgrade anzugehen. Wohl liefen die vielen Stimmen noch nicht
immer ganz konform. Aber man freute sich ohne Einschränkung an der
Stimmkraft, der Offenheit und der konzentrierten Führung der Chorstimmen.
Stefan Skobowsky ist ein Kenner und wohl Liebhaber der modernen Popularmusik.
Hinter Monteverdi setzte er ohne Übergang Spiritualbearbeitungen
für Bläser und die Jazzmotette "Jubilate" (1999) von
J. M. Michel. Mit zwei Motetten von J.G. Rheinberger (1839-1901) und Felix
Mendelssohns achtstimmigem 98. Psalm beendete
die Kantorei den erfreulich gut besuchten Abend.
Mit dem Bläserquartett Martin Schmid, Klaus Ganter (Trompeten) und
Klaus Herrmann, Dominik Gückel (Posaunen), das auch mit reinen Bläserstücken
den Abend bereicherte, hatten die Kantorei und ihr Dirigent hervorragende
bläserische Unterstützung.
Ulrich Eißler
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