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aus dem Schwarzwälder Boten vom 31.3.1998

Kantorei weitet Passion zu einer Predigt aus
Schütz-Woche geht mit Konzert in Wildberg zu Ende

Wildberg/Nagold. Wohl einer der Höhepunkte der jetzt zu Ende gegangenen Heinrich-Schütz-Woche dürfte die über das Wochenende in den Evangelischen Kirchen von Wildberg und Nagold zur Aufführung gelangte Johannespassion von Heinrich Schütz (1585-1672) gewesen sein. In seltener Eindringlichkeit gab die Nagolder Evangelische Kantorei unter Kirchenmusikdirektor Ingo Bredenbach zusammen mit den Gesangssolisten einen tiefen Einblick in die großartige Kompositionskraft eines von seinem religiösen Glauben durchdrungenen Komponisten.

Heinrich Schütz braucht in seiner Passion keine Instrumente. Er traut dem gesungenen Wort in seiner Musiksprache so viel Kraft zu, dass er den Chor und die Solisten 45 Minuten lang allein agieren lassen kann. Das erfordert natürlich höchste Konzentration und sichere Intonation, die nur nach gründlicher Vorbereitung zu erreichen sind. Die Kantorei zeigte sich an diesen Abenden in bester Verfassung: Beweglichkeit, Klangkraft und Exaktheit In der Ausführung. Auch die Intonation der vielstimmigen Chöre war überraschend gut.

Eine besondere Leistung bot Anselm Richter. Als Evangelist musste er weite Strecken allein singen, ohne jede instrumentale Unterstützung. Von seiner Tongebung hingen auch die vielen Choreinsätze ab. Mit seiner schönen und ausgereiften Stimme sang er mit innerer Bewegung, dabei überaus elastisch und impulsiv. Sein Part als Evangelist war eine glückliche Mischung aus Sachlichkeit und erzählender Anteilnahme.

Auch Daniel Starke als Christus und der Altus Frank Rompf in verschiedenen Rollen waren in ihrem inneren Engagement und in ihren sängerischen Leistungen wichtige Mitgestalter an dem rundum schönen Erfolg des Abends.

Der ideenreiche und unermüdliche Ingo Bredenbach umgab die Johannespassion mit drei kleineren Werken von Schütz-Zeitgenossen. An den Anfang setzte er eine Orgelfantasie über den Choral "Jesus Christus, unser Heiland" von Heinrich Scheidemann, Nach der Passion spielte er drei Verse über "Ach wir armen Sünder" von Matthias Weckmann. Beide Choräle wurden zusätzlich von den Solisten und Bredenbach selbst mehrstimmig gesungen - eine besonders schöne Idee.

Von großem Eindruck, besonders auch vorn geistlichen Inhalt her, war die den Abend abschließende Schützmotette "Ich weiß, dass mein Erlöser lebt". Die Erzählung der Johannespassion wurde damit geistlich zu einer bewegenden Predigt ausgeweitet. Die Kantorei schien in dieser Schlussmotette besonders gelöst und lebendig zu singen.

Der Schlussbeifall, der heute auch bei Passionen nicht zu umgehen ist, war hörbar bewegt und dankbar. Darin kam auch der Dank für die unendliche Mühe der an der Schützwoche Beteiligten, allen voran Ingo Bredenbach mit seiner Kantorei, zum Ausdruck. Was hier in vielen Monaten geleistet wurde, verdient Respekt und größte Hochachtung.

Ulrich Eißler

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